Religiöse Kleindenkmale der Südlichen Weinstraße

 
Inschriften an Kruzifixen
Maria – die Himmelskönigin
Weinmotive der Bibel

Literatur

Die religiösen Flurdenkmale sind die auffälligsten und formenreichsten Kleindenkmale unserer Landschaft.
Steinkreuze und Bildstöcke sind zwar bei uns nicht so verbreitet wie im badisch-bayrischen Grenzraum, der seinen Namen „Madonnenländle“ zu Recht trägt.
Wie viele der Steinkreuze in den Wirren der französischen Revolutionskriegen für immer verloren gegangen sind, wissen wir nicht. Aber die Inschriften zahlreicher erhaltener Kreuz berichten von mutigen Bürgern, die damals die Kreuze vergruben und zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder neu aufstellen ließen.

Kein Katholik ging früher an einem Kreuz vorbei, ohne sich zu bekreuzigen oder ein kurzes Gebet zu verrichten. Aber auch alle, die an der Geschichte unserer Heimat interessiert sind, sollten an diesen Denkmälern verweilen und sich mit den Details dieser kleinen Kunstwerke auseinander setzen. Die Inschriften sind oft schlecht lesbar, aber Ausdrucksweise und Rechtschreibung sind interessante Dokumente unserer Geschichte.

Als Beitrag zum Jahr der Bibel soll an dieser Stelle auf die theologischen und mahnenden Inhalte einiger ausgewählter Kreuze eingegangen werden. Es lohnt sich nämlich, die Texte der Inschriften mit einer modernen Bibelübersetzung zu vergleichen.
Wer zu dem Thema etwas ergänzen möchte oder sich für weitere Details – wie die genauen Standorte – interessiert, kann sich gern mit mir in Verbindung setzen. »Kontakt«


Inschriften an Kruzifixen an der Südlichen Weinstraße (Auswahl)

Bei den Zitaten aus der Bibel steht das Johannes-Evangelium an erster Stelle, und da insbesondere Joh. 11, 25 – ein beliebtes Zitat besonders auf  Friedhofskreuzen.

Ich bin die Auferstehung und das Leben
(…Wer an mich glaubt, der wird leben, wenn er auch schon gestorben ist) / Joh. 11, 25
1. Albersweiler 1943 – Essingen 1834 – Flemlingen – Hayna 1878 – Herxheim 1872 und 1879
2. im Friedhof: Arzheim 1846 – Bornheim – Burrweiler – Edesheim 1845 – Essingen – Herxheimweyher – Offenbach – Ramberg – Ranschbach – Stein – Weyher
3. im Friedhof Birkweiler zusätzlich mit Vers 26:
und wer da lebet und glaubet an mich, der wird nimmer mehr sterben.

„Ich danke Dir, dass Du mich erhört hast.“ / Joh. 11, 41
Schweighofen 1952

Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.
Niemand kommt zum Vater als durch mich. / Joh: 14, 6
Essingen 1843 – Herxheim 1851 – Waldrohrbach 1938

a) Es ist vollbracht / b) Vater in Deine Hände empfehle ich meinen Geist. / Joh. 19, 30
1. nur a) Schweighofen (3 mal) – Waldhambach
2. nur b) Friedhof Göcklingen
3. Stein (2 mal) – Waldrohrbach 1886 und 1899 – Weyher1923

So hat Gott die Welt geliebt, daß er Seinen Sohn hingab
damit Alle die an ihn glauben nicht verlohren gehn. / Joh. 3, 16
Ranschbach  – Stein 1842

Wenn ich erhöhet sein werde von der Erde, werde ich Alles an mich ziehen / Joh. 12. 32
Herxheimweyher 1877 – Schweighofen 1848

Ein neues Gebot gebe ich euch: liebet einander!
wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. / Joh. 13, 34
Hayna, im Friedhof



Die andern drei Evangelisten werden längst nicht so häufig zitiert:

VATER • VERZEIHE • IHNEN  denn sie wissen nicht was sie thun. (Luk. 23, 34)
Hainfeld 1914 – Stein 1760

Vater in deine Hände empfehle ich meinen Geist / Luk. 23, 46
Birkweiler, 1934

So mußte Christus leiden … / Luc. 24, 26
kaum noch lesbar, Münchweiler 1874

Alle Eure Sorgen werfet auf Ihn, denn Er sorget für Euch. / Mt. 6. 25
Herxheim – Ranschbach

Kommt her zu mir Alle  die ihr mit Mühe beladen seyd, ich will euch erquicken.  Matth. 11, 28
Billigheim, im Friedhof, 1833

Wenn dir jemand nachfolgen will verleugne / er sich selbst,
und nehm / sein Kreuz auf sich, u. / folge mir nach.  / Matt. 16,24  (Mk. 8, 34)
Herxheim 1851 und 1872 – Waldhambach 1876



Unter den „Briefen“ des NT wird der 1. Korintherbrief am häufigsten zitiert:

Bedenket ihr seid um einen hohen Preis erkauft worden verherrlicht / traget also Gott in eurem Leibe. 1. Kor. 6, 20
Göcklingen, im Friedhof

So wie in Adam Alle Sterben, So werden in Christo Alle lebendig Gemacht werden. 1. Cor 15, 22
Kapsweyer 1849 – Schweighofen 1844

Verschlungen ist der Tod im Sieg! Wo ist dein Stachel, Tod? Wo ist dein Sieg, Hölle? I  Kor. 15, 55 (nach Jes. 25, 8)
Göcklingen – Kapsweyer 1849 – Schweighofen 1844

Auf das nicht aufhöre das Creiz Christi dan das Wort vom Creuz ist zwar ein Torheit denen die verlohren werden, aber denen  die seelig · werden · das ist uns · ist es eine · Kraft · Gottes.  (vgl. 1. Kor. 1, 17 b – 18)
Billigheim 1833 – Bornheim 1753 – Hayna 1807 – Herxheim 1877 – Herxheimweyher 1863 – Knöringen 1782

Verdemüthigt hat er sich selber und ist gehorsam geworden
bis zum Tode des Kreuzes  / Phil 2, 8
Billigheim 1833 – Herxheimweyher 1876 – Münchweiler 1874 – Rohrbach – Roschbach  1730

Christus hat am Kreuze unsere Sünden am Leibe gebüßt, damit wir den Sünden sterben und der Gerechtigkeit leben. 1. Petr. 2, 24
Göcklingen – Steinfeld 1891

So ward auch Christus einmal Geopfert, um vieler Menschen Sünden wegzunehmen.
 Hebr. Cap. 9 V. 28
Stein, im Friedhof

Er hat mich geliebet / und sich selbst für mich gegeben / Galat. 2, 20
Hayna 1788

Es seÿ aber weit von mir das ich mich rühme
als in dem Kreuz unsers Herrn Jesu Christi. / Galat. 6 (anscheinend in Bezug auf  Vers 14)
Edesheim 1753 – Offenbach – Maikammer – Ranschbach
– oder anders formuliert in Göcklingen:
IM CREUTZ DER CHRIST / SICH RÜHMEN SOLL / WIE ES SANCT PAULUS / LEHRET / GALAT 6.



Der häufigste Text aus dem Alten Testament bezieht sich ursprünglich auf das Leid der Stadt Jerusalem. Meist fehlt die Angabe der Bibelstelle, teilweise wird sie mit THREN angegeben:

Ihr alle, die ihr hier vorübergeht,
betrachtet und schauet ob ein Schmerz gleich sei dem meinen (Klagelieder 1, 12)
Gossersweiler-Stein 1913 – Hayna 1878 und 1935 – Herxheim 1879 – Herxheimweyher 1863 – Knöringen 1782 – Maikammer (2 mal) – Oberotterbach 1809 – Rohrbach – Wernersberg 1884

Ich weiss, dass mein Erlöser lebt, u. werde am jüngsten Tage von der Erde auferstehen. Hiob 19, 25
Gleisweiler 1904



Wohl aus Anspielung auf protestantische Kritik (gem. Bilderverbot  3. Mo 26,1) an den Kreuzen entstand diese häufige Inschrift:

Weder Stein noch Holz beten wir an, sondern der für uns gestorben daran
Eschbach – Flemlingen 1812 – Gleiszellen-Gleishorbach 1837 – Göcklingen 1817 – Oberhochstadt – Ranschbach – Steinfeld, Spolie von 1726 – Waldrohrbach 1862 (zerstört 2003)

Gott ists was das Bild vns lehret, aber das selbe ist nicht GOTT
Darum schave dises an  aber was Dv darinn erkenst das ehre und bete an
Wollmesheim 1773

Seht das Holz des Kreuzes an dem das Heil der Welt gehangen.
Kommt laßt und an beten.
Weyher 1902

O Ihr alle die Ihr vorüber geht betrachtet Ihn in Schmerzen, wie Er sein Blut vergießt,
 seht wie aus seinem Herzen der letzte Tropfen fließt.
Wernersberg

Unter diesem Zeichen wirst du siegen
Offenbach, Kreuzigungsgruppe 1804



Man erfleht Gottes Segen für das Gedeihen der Ernte …

Strecke segnend deine Hand  über Baum (bzw. Flur) und Ackerland
(oder: Streck aus o Gott die Vaterhand und segne Flur und Ackerland)
Hayna 1935 – Herxheim – Herxheimweyher 1863 und 1897

… oder man ermahnt ganz einfach den Betrachter:

Stehe still o Wandersmann / Schaue hier dein Vorbild an
danke daß der Herr Jesus Christ für dich am Kreuz gestorben ist
Herxheim 1877 – Herxheimweyher 1897

Steh still o Mensch / betrachte mich / und gehe nach Haus und bekehre dich
Flemlingen, Richtung Böchingen

Wenn all’ um deine Liebe wüssten, wären alle Christen – Christen
Herxheim 1954

Im schönen Tempel der Natur / Siehst du des großen Gottes Spur
Doch willst du sie noch grösser seh’n / Dann bleib bei diesem Kreuze stehn.
Herxheim – Ramberg 1919

… und wer hätte gedacht, dass sogar ein Zitat aus Goethes Faust (Nacht, Vers 682) für würdig befunden wurde, um als Kreuzesinschrift zu dienen:

Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es um es zu besitzen
Burrweiler 1959


Maria – die Himmelskönigin

Zahlreich sind die Darstellungen Marias als Himmelskönigin. Die Maria Immaculata war Zeichen der Gegenreformation, seit Kurfürst Maximilian von Bayern 1638 ein solches Muttergottesbild in München aufstellen ließ.
Die Ikonographie bezieht sich auf Off. 12, 1:
… die war mit der Sonne bekleidet, hatte den Mond unter ihren Füßen und trug eine Krone von 12 Sternen …
Die „Weltkugel“, auf der sie steht, ist demnach der Mond, wie wir es auch vom Motiv der „Madonna auf der Mondsichel“ kennen.
An drei Beispielen wird deutlich, dass noch weitere Bibelstellen dieses Motiv beeinflusst haben:
1. Herxheim: ICH WILL FEINDSCHAFT SETZEN ZWISCHEN DIR VND DEM WEIB … (kaum noch lesbar, nach Gen. 3, 15)
2. Hainfeld: SIE ZERTRITT · DEN · KOPFF / DER · SCHLANGEN … (vgl. Ester-G, A 4-11 – dort ist zwar von Drachen die Rede, die hätten sich aber auf die außerbiblische Folgezeile nicht gereimt) … DIE · OHNE · / ERB · SÜNDT · IST · EMPFANGEN / … ESTHER CAPITL · 15 · V 13  (= Verszählung nach der Vulgata)
3. Weyher 1749: Du · bist / gantz / schön · meine / Freundin · Und / ist · an dir kein Flecken / CANT 4to V 7MO  (Hoheslied 4, 7)


Weinmotive aus der Bibel

Unter den Kleindenkmalen an der Südlichen Weinstraße dürfen natürlich auch die Weinmotive nicht fehlen, deren Ursprung in der Bibel zu suchen ist.
Auch hier steht das Johannes-Evangelium im Vordergrund:

Ich bin der Weinstock / Ihr seid die Reben  Joh. 15, 5
So zu lesen über dem Portal der katholischen Kirche in Birkweiler, auf einem Gedenkstein der Flurbereinigung 1977 bei Kleinfischlingen und einem Holzkreuz neben der evangelischen Kirche von Essingen.

Ein Motiv, das auf die Zusammenschau mehrerer Bibelstellen (vgl. Jes. 63, 2-3, Offb. 14, 19, Luk. 22,20) zurückgeht, ist der „Christus in der Kelter“
Wir finden diese Darstellung als Relief in dem 1964 geschaffenen Bildstock bei Birkweiler ebenso wie auf einer kleinen Metalltafel am Ehrenhain beim Schweigener Weinlehrpfad.
Bei Maikammer wird die Darstellung ergänzt durch den Text:
Ich allein trat die Kelter. Jes. 63, 3
Auf dem gleichen Motiv beruht der kreuzförmige Bildstock  im Hainbachtal bei Gleisweiler:
Gott prüfet die Seinen in der Kelter des Lebens

Ein beliebtes Motiv sind die „Kundschafter“ – die Traubenträger Josua und Kaleb, die eine riesige Weintraube tragen (Num. 13, 7. 23).
Wir finden sie u.a. in Schweigen am Weinlehrpfad und am Brunnen neben der Kirche in Ranschbach.
Zwei Bautafeln mit diesem Motiv befinden sich Rockenhausen (KIB), und zwar bei Schulstraße 16 und Waldstraße 24. 

Die genannten Textstellen zeigen, dass der Weinbau in bilblischer Zeit eine so bedeutende Rolle gespielt hat, dass er zu Gleichnissen gebraucht werden konnte.
Gleichzeitig fällt auf, dass solche biblischen Motive ausschließlich in Gegenden vorkommen, in denen Wein angebaut wird oder wurde.
Und wenn wir heute Ornamente von Trauben und Weinblättern an alten Fachwerkhäusern finden, so zeugen zu vom Stolz der Winzer und Weinbauern, die früher einmal hier gewohnt haben.



Literaturhinweise:
Anton Eckardt, Die Kunstdenkmäler der Pfalz, BZA und LD
Helmut Husenbeth, in Heimatjahrbuch SÜW 1983, 1984, 2002
Fred Weinmann, Religiöse Flurdenkmale. in: Pfalzatlas Textband I, Speyer 1964
Rudolf Wild, Mit offenen Augen ... Landau 2004 –Leseprobe > Errata
ders.: Wein aus der Bibel - an der Südlichen Weinstraße; in: Heimatjahrbuch des Landkreises Südliche Weinstraße,  26. Jg. 2004, S. 20–22
Richard Wittmer, Maikammer 2000
Theodor Zink, Deutsche Volkskunst 1931 / Frankfurt 1982



 
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– aktualisiert am 09.03.2020